„Warum sich ein Mensch wie ein Mensch benimmt, ist unwichtig. Hauptsache – er tut es.“ In Wien kennt jeder Mira Lobe, dort am 06.02.1995 gestorben, als "eine der wichtigsten und bedeutendsten Kinder- und Jugendbuchautorinnen Österreichs“. In Görlitz kennt sie kaum jemand. Die DDR verlegte keines ihrer fast 100 Buchtitel, obwohl sie bis 1956 in Österreich KP-Mitglied war. Geboren wurde sie am 17. September 1913 in Görlitz als Mirjam Hilde Rosenthal. Sie war Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns, der den Synagogenchor leitete und sonntags in der evangelischen Peterskirche die Orgel spielte. Auch waren die Familien Lobe und Mühsam eng befreundet*. Mira Lobe absolvierte das Gymnasium und maturierte 1933. Danach hatte sie vor, Germanistik und Kunstgeschichte zu studieren. Dies wurde ihr als Jüdin jedoch untersagt. Somit entschied sie sich für eine Ausbildung zur Maschinenstrickerin an der Berliner Modeschule. 1936 verließ Mira Lobe Deutschland "gerade noch rechtzeitig" und emigrierte nach Palästina, wohin sie auch ihre Schwester und ihre Mutter nachholte. Mira Lobe hatte wohl einen Hang zum Zionismus und Sozialismus. Zudem war es für sie sicher reizvoll, am Aufbau eines neuen Landes mitzuwirken. Das spiegelt sich auch in ihrem Buch "Insu-Pu" wider: Elf Kinder geraten auf dem Weg nach Terranien, in dem Frieden statt Krieg herrscht, in Seenot und landen auf einer einsamen Insel. Dort bauen sie sich einen perfekten Kinderstaat auf. 1940 heiratete sie den deutschen Schauspieler und Regisseur Friedrich Lobe. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor, Claudia ( 1943) und Reinhardt ( 1947). Mit der Geburt ihrer Tochter Claudia schrieb sie, aus finanziellen Gründen, 1948 ihr erstes Buch, eben das "Insu-Pu, die Insel der verlorenen Kinder" auf Hebräisch. Das Buch, später auf Deutsch übersetzt, enthält vieles, was Mira Lobes Bücher auszeichnen: "Wärme, Zuneigung, Ungeduld, Verständnis, Engagement, Toleranz" 1950 erhielt ihr Mann ein Engagement am kommunistischen „Neuen Theater in der Scala“, woraufhin die Familie 1951 nach Wien übersiedelte. Mira Lobe schrieb Fortsetzungsgeschichten in der "UZ - Unsere Zeitung", einer Kinderzeitung des Globus-Verlags. "Insu Pu" erschien bei Waldheim & Eberle, und erzielte einen bescheidenen Erfolg. Der kommunistische Globus-Verlag brachte ihr Buch "Anni und der Film" heraus. Doch schließlich landete sie beim KPÖ-nahen Schönbrunn-Verlag. Die Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes veranlasste sie 1956 aus der KP auszutreten. Im Gefolge des Staatsvertrags wurde das kommunistische Scala-Theater Wien im gleichen Jahr geschlossen. Ihr Mann ging für ein Engagement ans Deutsche Theater in Ost-Berlin, wohin sie ihm mit ihren Kindern 1957 folgte. Sie schrieb weiter an ihren Büchern für junge Leser. Als am 20. November 1958 ihr Mann an einem Schlaganfall starb, zog Mira Lobe mit ihren Kindern als inzwischen österreichische Staatsbürger in eine Wiener Gemeindewohnung. Der Leiter des Schönbrunn-Verlags, Hans Goldschmidt, nach dem Tod ihres Mannes ihr Lebensgefährte, vermarktete ihre Bücher gut. Es kam zur Veröffentlichung von "Der Tiergarten reißt aus", "Der Bärenbund" und "Bärli Hupf". Ende der 1960er Jahre erreichte sie mit Werken beim Jugend- und Volk-Verlag und im KPÖ-nahen Jungbrunnen-Verlag den Höhepunkt ihrer Karriere. Mira Lobes Werke stachen durch unmerkliches Einbringen pädagogischer Anliegen und hohe literarische Qualität hervor. Insbesondere “Die Omama im Apfelbaum” aus dem Jahre 1965. 1972 feierte sie mit der Veröffentlichung von “Das kleine Ich-bin-ich” ihren wohl größten Erfolg als Kinder- und Jugendbuchautorin. In Österreich ist sie eine anerkannte und mehrfach prämierte Autorin. Zur Erinnerung an Mira Lobes 100. Geburtstag enthüllte ihr Sohn Reinhard am 17.09.2013 eine Gedenktafel am Wohnhaus ihrer Kindheit und Jugend in der Struvestraße 9. "Der tiefere Sinn der Schreiberei für Kinder ist meiner Meinung nach der, dass sie zur Selbstbestimmung gebracht werden sollen. Produzieren ist schön, einfach schön, da fühlt man sich leben. Das ist nach der Liebe das zweitbeste Gefühl."