Hildegard Burjan (geb. 30.01.1883 in Görlitz, gest. 11.06.1933 in Wien) Ja, Görlitz zählt eine seliggesprochene Frau zu seinen ehemaligen Bürgerinnen. Sie wurde als zweite Tochter des jüdisch-liberalen Tuchhändlers Abraham Adolf Freund am 30. Januar 1883 im Haus Elisabethstraße 36 als Hildegard Lea Freund geboren. Die Legende erzählt, dass die 6jährige Hildegard in der Kahle 22, im Hof des Schwesternhauses der Borrmäerinnen die betenden weißgewandeten Schwestern sah und wünschte, ihnen nahe zu sein. Sie heiratete 1907 den gebürtigen Ungarn Dipl. Ing. Alexander Burjan. Sie studierte in Zürich als einer der ersten Frauen in der Schweiz Literatur und Philosophie, promovierte 1908 mit magna cum laude zum Dr. phil. und studierte dann in Berlin Sozialwissenschaft. Zwischendurch belegte sie dort Vorlesungen in Staatsökonomie. Doch eine lebensbedrohende Krankheit – resultierend aus den für eine Frau erschwerten Bedingungen an einer Universität - verhindert ihren Berufseinstieg. Sie verbringt mehrere Monate im katholischen St. Hedwigs Krankenhaus in Berlin, wird am 11. April 1909 aufgegeben und ist wundersam am Ostermorgen fieberfrei, um zwei Wochen später als geheilt entlassen zu werden. Am 11. August 1909 konvertiert sie und läßt sich christlich taufen. Die junge Familie zieht 1909 nach Wien. 1910 schenkt sie ihrer Tochter Elisabeth Aloisia unter Lebensgefahr das Leben. Sie und ihr Mann, er als Generaldirektor der „Österreichischen Telephonfabrik AG“, werden Teil der Wiener Gesellschaft. In der Diskrepanz zwischen gehobener Gesellschaft und städtischem Elend in Wien sucht Hildegard Burjan eine Lösung der sozialen Frage durch die Veränderung der Gesinnung und der Zustände. 1918 wird Hildegard Burjan in das Wiener Stadtparlament und bereits 1919 als einzige Frau und ehemalige Jüdin in das höchste Parlament, die konstituierende Nationalversammlung Österreichs gewählt. Sie ist Initiatorin einer Sozialgesetzgebung, gründet die religiöse Frauengemeinschaft "Caritas Socialis" (Gehorsam, Armut, Ehelosigkeit) und setzt sich für schwererziehbare Jugendliche, aufgegriffene Prostituierte, ledige Mütter, obdachlose Frauen und Heimarbeiterinnen ein. Die Bahnhofsmission in Österreich ist ebenfalls ihrer Initiative zu verdanken. Ihre besonderen Fähigkeiten lagen in der Organisation, in Vorträgen und in Artikeln für Zeitschriften. Am 11. Juni 1933 stirbt Hildegard Burjan 50jährig. Am 29. Januar 2012 wird ihre Seligsprechung im Stephansdom in Wien verkündet. Eine Briefmarke der österreichischen Bundespost ziert ihr Portrait. In Görlitz erinnert der nach ihr benannte Hildegard-Burjan-Platz mit einer bezeichnenden Inschrift an sie: „Wir wollen nicht fragen, ob wir zuständig sind. Wir wollen fragen, was kann ich für diesen Menschen tun?".